Borneo & ich bin dann mal offline

BORNEO & ICH BIN DANN MAL OFFLINE.

Nicht einmal die Ausdrücke “Mitten in der Pampa” oder “Irgendwo in Buxtehude” würden die Abgeschiedenheit des Kinabatangan Rivers beschreiben. Fünf Flugstunden von Bangkok nach Sandakan und 4 Stunden Autofahrt für 120 km nach Kinabatangan lassen die Weite der Anreise nur erahnen, aber das ist es Wert: ein Dschungel-Paradies entlang des Flusses, sternklare Nächte mit Blick auf die Milchstraße und weit breit kein W-LAN oder Handynetz.

Ehrlich zugegeben: dieser Digital Detox war nicht geplant. Sandakan ist touristisch noch sehr unerschlossen. Von Ort zu Ort kommt man nur mit privaten Kleinbussen und die wenigen Unterkünfte sind nur bedingt auf westlichen Besuch vorbereitet. Hinter dem Ortseingangschild “Sukau” passiert man einen kleinen Marktplatz mit einheimischen Händlern und in der Mitte dieses Platzes sammelte sich eine Traube von Menschen – rund um einen Mast. 

Wifi-Hotspot”  – das erklärt Einiges. Die einzige Verbindung zur Außenwelt im Umkreis von 30 Kilometern. Wir begriffen erst dann, das auch unsere Unterkunft in diesem Umkreis lag: Sukau Backpackers – die kleinen Holzhütten sind mit dem Nötigsten ausgestattet. Beim Check-In wirst du angehalten, so wenig Strom wie nötig zu verbrauchen, da die Stromversorgung nicht die stabilste ist. Unser Digital Detox Abenteuer konnte also beginnen.

Ohne Smartphone, erstmal Langeweile.

Schon mal darauf geachtet, was ihr als Erstes macht wenn ihr im Hotel angekommen seid? Also ich schmeiße mich auf das Bett und greife nach meinem Smartphone. Ich melde mich bei Familie und Freunden, dass ich gut angekommen bin, stalke Instagram und checke selbst in den Tropen das Wetter. Wie verankert dieses Verhalten ist, habe ich erst gemerkt, als mein Smartphone quasi unbrauchbar war. Und nun? Ein kleiner Moment der Langeweile. Kurz mal Leerlauf. Wer kennt das eigentlich noch? Gott sei Dank stand direkt nach der Ankunft die erste Flusssafari durch den Dschungel von Borneo auf der Agenda.

Flusssafari im Dschungelparadies.

In einer kleinen Nussschale mit maximal 6 Personen und einem Guide startet ihr in ein kleines Abenteuer auf dem Kinabatangan River. Die unzähligen Flussarme sind voller Artenreichtum und schlängeln sich durch den Dschungel. Das Panorama des Hauptflusses ist unbeschreiblich: meterhohe Baumkronen, ein Spiegelbild der Wolken im Wasser und um euch herum Nichts und Niemand. In den engen Flussarmen ist der Weg machmal nicht breiter als drei Meter und nicht nur die Flora und Fauna sondern auch die Tiere sind zum Greifen nah. Die Affen toben in den Bäumen, springen von links nach rechts und sind schneller als man gucken und vor allem als man fotografieren kann. Die Elefanten stapfen zum Badespaß an das Flussufer und ab und an fliegt ein Nashornvogel über euren Kopf. Was sind schon Tierdokumentationen auf Netflix? 

Unser Geheimtip: die Nacht-Safari. Nichts für Angsthasen in der der pechschwarzen Nacht über den Fluss zu schippern, aber wenn die Bäume um euch herum vor lauter Glühwürmchen anfangen zu funkeln wie der Weihnachtsbaum am Rockefeller Center, ist der Gruselfaktor schnell vergessen.

Hauptsache tausende Fotos.

Da wir nur mit Handgepäck reisten, musste ich schweren Herzens meine Kamera zu Hause lassen. Erst dann bemerkte ich, wie stark der Reflex ist, bei tollen Erlebnissen die Kamera zu zücken. Mir blieb nur mein Smartphone. Ich drehte und wendete mich. Ich zoomte, filmte, fotografierte was das Zeug hält bis mein Bruder mich tadelte: “Chill mal” – und er hatte Recht. Ich hatte bis zu diesem Augenblick wenig von der Safari mitbekommen. Ich dachte nur in Bildern und nicht in Momenten. Kennt ihr Fotoabende unter Freunden mit dem Kommentar: “In Echt sah das ganz anders aus.” ? Ich kenne diese Abende zu Haufe und habe wirklich genug davon. Die Technik kann Kameras oder Drohnen entwickeln wie sie will. Euer Erlebnis wird immer vor der Kamera stattfinden  und nie festzuhalten oder wiederholbar sein. Und genau das macht es doch so einzigartig schön, oder?

Digital Detox für Fortgeschrittene.

Drei Tage und zwei Nächte. Kein WLAN, kein brauchbares Handy, kein Kontakt zur Außenwelt – nur der Dschungel und wir. Ich möchte diese Erfahrung nicht mehr missen. Und jeder der jetzt behauptet: “Was sind schon drei Tage?” – dem empfehle ich diesen kurzen Trip ins Nirgendwo. Mich hat es schockiert, wie schwer es war seine eigenen Gewohnheiten zu durchbrechen. Beim Warten in die Luft zu gucken, statt auf den Bildschirm. Vorm Schlafen einfach nur rumzuliegen, statt Instagram zu checken oder sein Erlebtes nur zu erleben, statt es zu dokumentieren. Ein Trip, der zwar nur ein kleines, aber dafür ein sehr ehrliches Spiegelbild zeigt und dein Gespür für echte Momente ein Stück weit zurückbringt.  

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